Liberia – erster Geländetrip

Nun sind wir gerade von meinem ersten Geländecamp zurück gekommen und ich werde mir mal etwas Zeit nehmen was zu schreiben…

Am Besten fang ich mal am Anfang an. Als ich dann hier ankam mussten wir erstmal eine Stunde lang über dem Flughafen kreisen weil es “VIP Verkehr” auf dem Flughafen gab. Was da wohl los ist, dachte ich mir zuerst. So viel Flieger werden hier wohl nicht landen. Später sollte sich dann herausstellen, dass es die Präsidentin war und die Staatsangelegenheiten sind hier wohl soo wichtig, dass jedes Mal wenn sie auch nur nen Kaffee trinken geht die ganze Straße gesperrt wird und eine Kolonne mit 10 Wagen dann losfährt. So war das wohl auch am Flughafen. Dafür konnte ich von oben schonmal einen langen Blick auf die Gummiplantagen werfen. Anscheinend war und ist Liberia ja einer der größten Gummiproduzenten. Zumindest für die Rohstoffe dafür. Am Boden dann gibt es sogar einen klapprigen Bus der dann zum Terminal fährt aber sobald man da dann ausgestiegen ist sieht alles eher wie ein großer Familienbetrieb aus. Wie mir ja auch schon vorher gesagt wurde versucht hier jeder irgendwie zusätzlich Geld zu bekommen. Gerade wenn man wie ich noch keinen einzigen liberianischen Stempel im Pass hat ist man ja das ideale Opfer, weil man noch nicht weiß wie hier alles läuft. Die Unterschrift auf dem Visum war angeblich nicht die Richtige. Immerhin hatte ich die Telefonnummer von Joe und der werte Beamte konnte mit ihm telefonieren. Nach eine Stunde Wartezeit und ein paar Gesprächen mit Leuten denen es ähnlich geht durfte ich dann aber doch mein Gepäck holen und den Flughafen verlassen. Nach dem kleinen Gepäckband und der Zoll Kontrolle steht man eigentlich auch schon gleich auf der Straße. Dort saß auch schon Joe und grinste mich an. Er ist ja mittlerweile über drei Jahre hier und hat schon seine eigenen Erfahrungen gemacht. Hier ist einfach fast alles korrupt. Das ist auch das größte und vielleicht einzige Problem des Landes. Ohne die Korruption würden sich viele andere Probleme von selbst lösen. Wie auch immer nach ein paar Minuten kommt dann auch der Immigration officer vor den Flughafen und gibt mir meinen Pass zurück. Sind zwar nur 30 Tage Aufenthalt genehmigt worden. Laut Joe ist das aber kein Problem weil er sowieso für jeden der einmal im Land ist eine permanente Aufenhaltsgenehmigung beantragt. Das ist einfach nur unmöglich solange man noch nicht im Land ist.

Die Fahrt zurück dauert ziemlich lange weil der Flughafen über eine Stunde von der Stadt entfernt ist. So haben wir aber schon ein wenig Zeit zum reden. Dunkel wird es dann zwar auch recht rasch aber doch nicht so plötzlich wie ich dachte. Ich würde sagen innerhalb von einer halben Stunde ist es Nacht. Die Preise hatte ich ja schon erwähnt aber das ist eines der Dinge die mich am Meisten überrascht hat. Benzin kostet 4,57 $ pro Gallone, Diesel ist etwas teurer. Ist also fast so teuer wie in Europa. Die Hauptwährung ist eigentlich auch USD, die liberianischen Dollar werden nur für Kleinigkeiten benutzt. Ähnlich wie überall auf der Welt gibt es ein paar wenige Leute die steinreich sind und viele arme Leute. Das Haus mit 5 Zimmern welches Joe als Büro und Wohnraum gemietet hat kostet über 2000$ im Monat Miete. Strom und Wasser sind nicht dabei. Fließendes Wasser gibt es sowieso nur wenn man gerade Glück hat. Ansonsten aus dem Brunnen. Ein Stromnetz gab es vor dem Krieg mal wurde aber alles zerstört. Jetzt ist jedes Haus selbst für Strom verantwortlich und jeder hat seinen Dieselgenerator im Garten stehen. Bei den Benzinpreisen ist das natürlich auch nicht gerade günstig. Also die Mieten sind insgesamt sehr teuer. Zumindest in manchen Stadtteilen von Monrovia. Dafür sind die Löhne noch ziemlich niedrig. Joe beschäftigt Leute die den Haushalt machen, Kleider waschen, Sicherheitsleute, Hausmeister. Wobei die Sicherheitsleute auch nicht so der Hit sind. Unser Generator bringt 5kVA was gerade so ausreicht für den normalen Betrieb des Hauses + Wasserkocher oder Toaster oder eine Klimaanlage. Sobald zwei Klimaanlagen an sind überhitzt er und schaltet sich ab. Das ist dann auch einer der Gründe warum er mittlerweile die dritten Sicherheitsleute angestellt hat. Manchmal steht er auf wenn der Generator sich nachts wegen der Klimaanlagen überhitzt und schaltet ihn ganz aus. Dabei hat er die ersten Sicherheitsleute erwischt wie sie den Garten Nachts in ein kleines Bordell verwandelt haben und die zweiten wie sie beide im Tiefschlaf waren so dass er sie wachrütteln musste. Am nächsten Tag kamen sie zwar nochmal um sich zu beschweren wie das hier ja oft der Fall ist. Fehler zugeben tut hier niemand, nur alles abstreiten. Mal sehen wie lang die dritte Schicht durchhält.

Nunja wie auch immer vor 4 Tagen bin ich mit 3 liberianischen Geo Studenten + Fahrer (Autofahren können hier die Wenigsten und als Weißer hat man nur Probleme mit der Polizei und so weiter, deswegen beschäftigt Joe immer noch Fahrer) in den Norden des Landes aufgebrochen. Geplant war eigentlich Aufbruch zum Einkaufen so um 9 Uhr. Die Fahrt selbst dauert 3 Stunden was in der Realität dann eher 5 Stunden entspricht. Aus 9 Uhr wurde dann schnell 12 Uhr weil die Leute hier Ewigkeiten mit Planen zubringen. Erst wird eine Liste gemacht mit was wir alles brauchen und ausgerechnet was das kostet. Dann wird die ganze Liste nochmal Punkt für Punkt mit der Verwaltung diskutiert. Auch das Einkaufen dauerte dann lange. Erst ein Zelt kaufen irgendwo in der Stadt. Dann kam blöderweise die Präsidentenkolonne vorbei und die Straße war gesperrt, dann zum nächsten Laden und zum nächsten und so weiter. Dann noch Mittagessen. Diesesmal lief es so ab, dass einfach alle verschwunden sind und ich beim Auto gewartet habe. Hätte sonst wohl noch viel länger gedauert. Um halb 3 sind wir dann endlich unterwegs. Zuerst auf geteerter Straße mit immer mehr Löchern, dann auf unbefestigter Straße. An den Löchern steht angeblich immer der gleiche Bauarbeiter und bittet um Geld. Anscheinend stehen die meisten Leute lieber rum und fragen nach Geld als wirklich was zu arbeiten. Das hat aber vielleicht auch indirekt wieder mit der Korruption zu tun. Die Taxis hier sind die allerletzten Schrottkarren. Die Räder stehen krum und schief. Die Lichter gehen eigentlich gar nicht. Die Taxifahrer haben aber oft kein Geld für Reparaturen weil sie ständig die Polizisten schmieren müssen damit sie weiterfahren dürfen. Ein kleiner Teufelskreis. Die Polizisten kassieren lieber weniger Geld in ihre eigene Tasche als eine offizielle Verwarnung oder Strafe auszustellen was dann wieder Geld für den Staat generieren würde. So kommt es auch, dass viele ausländische Investoren oft gefrustet wieder das Land verlassen. Lofa Bridge auf vielleicht der Hälfte der Strecke ist auch so ein Beispiel. Die Planken auf der Brücke fehlen an vielen Stellen schon und die Balken darunter haben einen relativ großen Abstand und fangen auch schon an zu verfaulen. Neben der Brücke liegt ein großer Haufen mit frischem Holz der wohl erst ein paar Jahre da liegt. Aber anstelle sich darüber zu freuen, dass jemand die Brücke reparieren will, wollen die zuständigen Leute lieber davon noch zusätzlich profizieren. Deswegen liegt das Holz nun neben der Brücke und nichts wurde repariert.

Kurz vor der Dämmerung kommen wir dann in einem kleinen Dorf an. Die Dorfbewohner kennen den Fahrer und einen der Studenten schon weil sie schon öfters hier waren. Wir dürfen unsere Zelte in einem alten Haus/Stall aufschlagen. So müssen sie wenigstens nicht im Regen stehen. Zur Begrüßung wird an dem Abend dann noch eine große Flasche 8pm, ein beliebter Whiskey, geleert. Danach holen die Dorfbewohner noch eine Art Rum hervor der King Juice heißt. Zumindest hab ich es so verstanden. Das liberianische Englisch ist der heftigste Dialekt der mit je untergekommen ist. Joe und ein anderer Australier meinen, dass man es schon fast nicht mehr Dialekt nennen kann. Aufgefallen ist mir nur, dass ich die Leute betrunken viel besser verstehe. Ob es nun daran liegt, dass ich betrunken war oder sie weiß ich nicht.

Am nächsten Tag geht es dann mit der Dämmerung ins Gelände. Im Prinzip lautet unser Auftrag eine BIF Formation etwas genauer zu vermessen. Hierzu werden Gräben bearbeitet die schon in den maroden Boden gegraben wurden. Eigentlich wurden sie schon vor dem Krieg gegraben. Damals von einer liberianischen Firma. Jetzt gehört das Gebiet einer indischen Firma. Innerhalb der 10-15 Jahre waren sie aber schon wieder so zugewachsen und vollgefüllt, dass sie erst wieder freigeholzt und ausgegraben werden mussten. Strukturdaten mit dem Kompass sind gar nicht so einfach aufzunehmen wenn so viel Magnetit überall die Nadel Kreise drehen lässt. Deswegen sind alle Messungen relativ zu der Grabenorientierung gemessen. Die Studenten messen gleichzeitig die Magnetisierbarkeit (magnetische Suszeptibilität) in Meterintervallen. Eine Stunde später fängt es an zu Regnen und es wird den ganzen T ag nicht mehr aufhören sondern nur noch stärker regnen. Die Liberianer mögen den Regen gar nicht und bei den ersten Tropfen haben sie ihre Regenmäntel + -hosen ausgepackt. Wir Weißen freuen uns über den Regen weil er doch etwas Abkühlung bringt. Als es dann zu stark regnet packe ich aber auch meinen Mantel aus. Zwar nicht um nicht nass zu werden sondern um die Kamera und sonstige Elektronik vor dem durchweichen zu schützen. Das Papier ist sowieso schon völlig durchweicht und man kann es mit dem Bleistift eigentlich nur noch streicheln. Tiere habe ich noch nicht viele gesehen. Ziegen, Hühner, Hunde und Katzen sind allgegenwärtig. Davon abgesehen hab ich bisher nur eine komische Krebsart gesehen welche mittem im Dschungel lebt und eine Art riesigen Regenwurm. Natürlich Käfer aller Art die allerdings hauptsächlich in den Städten zu leben scheinen. Da kriechen sie in die Häuser, deswegen wird wohl alles regelmäßig mit Insektenspray ausgesprüht. Am Ende des Tages sind wir am 40° steilen Abhang in den Gräben und das Wasser läuft am Boden schon in kleinen Bächen den Hang hinunter. Das ist für uns dann auch das Zeichen langsam aufzuhören. Auf der Straße die die Chinesen hier für die indische Firma bauen treffen wir dann auch unseren Fahrer der uns abholt. Das ist eigentlich auch die einzige Stelle an der man frische Aufschlüsse finden kann.